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Christianity in Indonesia. Perspectives of power

Indonesien ist eine multikulturelle und multireligiöse Nation, deren Heterogenität in der Staatsdoktrin der Pancasila festgeschrieben ist. Trotzdem ist das Verhältnis der unterschiedlichen sozialen, ethnischen und religiösen Gruppierungen bis auf den heutigen Tag problematisch und die nationale Einheit fragil geblieben. Christen nehmen in dem Ringen um die Gestaltung der Nation in mehrfacher Hinsicht eine prekäre Rolle ein. Sie sind eine kleine Minderheit (ca. 9% der Bevölkerung) in einem mehrheitlich von Muslimen bewohnten Staat, waren in der Vergangenheit auf vielfältige Weise mit der niederländischen Kolonialregierung verflochten, besitzen großen Einfluss in Wirtschaft und Militär und bewohnen einige der als „unruhig“ geltenden Außeninseln (u.a. Papua, die Molukken und Timor), die sich in zunehmender Opposition zum als javanisch identifizierten Staatsapparat begreifen. Seit dem Rücktritt Suhartos und den dadurch hervorgerufenen politischen Veränderungen, insbesondere der Unabhängigkeit Osttimors, wurden sie wiederholt als Gefahr für die Einheit Indonesiens diskreditiert und waren als Opfer und Täter in regionale gewalttätige Auseinandersetzungen mit Muslimen involviert, die bislang Tausende von Toten gefordert haben.

Christen wird noch heute vorgeworfen, mit der ehemaligen Kolonialregierung kollaboriert zu haben, und in den Diskursen radikaler muslimischer Organisationen gelten sie als verlängerter Arm des Westens. Diesem Bild entspricht der Umstand, dass sie in der Geschichte Indonesiens zum Teil erheblichen Einfluss ausgeübt haben und vor allem im Bildungs- und Gesundheitswesen starke Akzente setzen konnten.

Auf vielen Inseln hat das Christentum zur Überwindung ethnischer Grenzen beigetragen und ist zum integralen Bestandteil einer modernen Regionalidentität geworden. In Gebieten, in denen Ausbeutung, ökologische Zerstörungen, militärische Repression und groß angelegte Umsiedlungeprogramme (transmigrasi) der Bevölkerung die Existenzgrundlage zu entziehen drohen, sind christliche Organisationen zu Institutionen des Widerstands geworden (Papua, das ehemalige Ost-Timor). In anderen Regionen (Zentralsulawesi, Molukken) fungiert der christliche Glaube als Mobilisierungsstrategie, um ökonomische und politische Handlungsspielräume zu behaupten oder (Flores), um eine im bäuerlichen Denken verankerte Fremdenfeindlichkeit zu legitimieren.

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